Voll konzentriert lenkt mein Mann unseren Leihwagen am Flughafen North Eleuthera vorbei und durch die Straßen des kleinen Ortes bis auf den Queen’s Highway, der vom Norden bis in den Süden der langgezogenen, schmalen Insel führt. Auf den Bahamas herrscht Linksverkehr und unser Leihwagen ist folglich ein Rechtslenker. Für uns ist das eine Premiere, doch da wir heute fast ausschließlich der eben schon erwähnten Hauptstraße folgen werden und auf Eleuthera nur sehr wenig Verkehr herrscht, hat mein Mann schnell den Bogen raus und bringt uns sicher durch den Tag. Das Auto haben wir gestern über die Rezeption unseres Hotels auf Harbour Island telefonisch buchen lassen, sind heute nach dem Frühstück mit dem Wassertaxi nach Eleuthera übergesetzt und dort vom Autovermieter in Empfang genommen worden. Und jetzt sitzen wir in einem Auto, das vermutlich aus Japan importiert wurde und beim Starten des Motors japanisch mit uns spricht.
Die Glass Window Bridge
Wir folgen dem Queen’s Highway Richtung Süden und erreichen nach knapp zwanzig Minuten unser erstes Ziel für heute: Die Glass Window Bridge. Bisher sind wir kaum einem anderen Auto begegnet und wir beschließen, direkt hinter der Brücke einfach links am Straßenrand zu parken. Gespannt spazieren wir zurück auf die Glass Window Bridge und lassen den Blick schweifen. Obwohl sich der Sturm von vor zwei Wochen längst gelegt hat und das Wetter heute einfach traumhaft ist, tobt rechts von uns der Atlantik und lässt sein dunkelblaues Wasser gegen die Felsen klatschen. Auf der linken Seite liegt reglos und friedlich die türkisfarbene Karibische See. Dieser Ort zieht uns sofort in seinen Bann und wir können uns gar nicht satt sehen. Zum Glück ist auch hier nicht viel los, so dass wir alles in Ruhe auf uns wirken lassen können.
Die Glass Window Bridge, eine ehemals natürliche Brücke über die engste Stelle der Insel, die bei einem Hurrikan brach und ins Meer stürzte, besteht heute aus Beton. Der Name der Brücke erschließt sich, wenn man vom Wasser des Ozeans aus unter der Brücke hindurchblickt.
Governor’s Harbour – Eleutheras Hauptstadt
Auf unserem Weg in Eleutheras Hauptstadt – Governor’s Harbour – passieren wir das ein oder andere Hinweisschild und nehmen uns vor, auf dem Rückweg die angepriesenen Klippen zu besuchen. Da die Insel so schmal ist, haben wir fast immer einen tollen Blick auf die traumhaft schöne Karibische See, während wir an süßen Holzhäuschen, weißen Stränden, dem Governor’s Harbour Airport und Ananasfeldern vorbeifahren. Die Ananas wird vor allem im Norden der Insel angebaut und gilt als Eleutheras Markenzeichen. Leider ist aber noch keine Saison und so kommen wir nicht in den Genuss des angeblich besten Ananaskuchens der Welt.
In Governor’s Harbour parken wir unser Auto erneut am Straßenrand und spazieren ein wenig am Hafen entlang. Von den Fähren, die hier nach Nassau starten, ist nichts zu sehen und auch sonst ist der Ort ein wenig verschlafen. Auf der Suche nach einem Mittagssnack landen wir wieder am Queen’s Highway und verdrücken auf der Terrasse des Da Perk ein paar leckere Sandwiches. Wieder am Auto angekommen gönnen wir unseren Füßen eine kleine Abkühlung im flachen Wasser.
Leon Levy Native Plant Preserve
Statt dem Queen’s Highway weiter nach Süden zu folgen, biegen wir in die Haynes Avenue ein und fahren dann auf der Pine Street und Banks Road am Atlantik entlang zu unserem nächsten Ziel: Leon Levy Native Plant Preserve.
Ziel des Leon Levy Native Plant Preserve ist es, die Pflanzen- und Tierwelt der Bahamas zu bewahren, die medizinischen Einsatzbereiche der Flora zu erforschen und das Ganze für die Öffentlichkeit erfahr- und begehbar zu machen.
Wir parken unseren Wagen im Schatten, zahlen den Eintritt in Höhe von 10 $ pro Person und bekommen von der netten Dame an der Kasse nicht nur eine kurze Erklärung zum Aufbau des Parks sondern auch einen Parkplan für unterwegs. Ich muss es wahrscheinlich nicht extra erwähnen, aber auch hier sind wir die meiste Zeit allein.
Dem Rundweg folgend geht es zunächst auf einem Bohlenweg durch die Mangrovenwelt der Bahamas. Es ist schon fast mystisch hier und man könnte meinen, hier habe kürzlich eine Schlacht à la Game of Thrones stattgefunden: Das Wasser ist blutrot.
Weiter geht es an medizinischen und giftigen Pflanzen vorbei und rein in den Dschungel. Auf schmalen Pfaden spazieren wir durch den dichten Wald, entdecken zahlreiche Eidechsen und erreichen irgendwann den Aussichtsturm des Parks. Von hier oben lassen wir unseren Blick über das riesige Parkgelände bis zum Meer schweifen und genießen den Sonnenschein, bevor wir wieder hinab in den Schatten der Bäume steigen. Auf dem Weg zurück zum Eingang schauen wir bei den Nutzpflanzen vorbei und beobachten ein paar Schildkröten, die träge im Wasser liegen.
The Cliffs
Aufgrund der Größe des Parks ist die Zeit schon recht fortgeschritten und wir entscheiden uns dafür, den Rückweg Richtung Norden einzuschlagen. An einigen Stellen halten wir am Rand des Queen’s Highway und folgen zu Fuß den Pfaden Richtung Küste. So auch an einem Schild mit der Aufschrift The Cliffs. Gut zehn Minuten folgen wir einem sandigen Pfad, der höchstens mit einem Geländewagen befahrbar ist, was uns eine amerikanische Familie auch beweist. An den Klippen tobt der Atlantik und pfeffert immer wieder besonders starke Wellen über die Felsen hinweg – ein beeindruckendes, aber auch respekteinflößendes Naturschauspiel.
Noch einmal überqueren wir die einspurige Glass Window Bridge, tanken dann das Auto und biegen Richtung North Eleuthera Airport ab. Dort nimmt uns der Autovermieter wieder in Empfang und fährt uns zurück zum Hafen. Als wir mit dem Wassertaxi Richtung Harbour Island düsen, geht gerade die Sonne unter. Ein perfektes Ende für einen wundervollen Tag.