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Die Extraschicht 2018 und der Abschied von der Kohle

Die Extraschicht 2018 unterscheidet sich für mich in einigen Dingen von den beiden Extraschichten, die ich bisher besucht habe: Normalerweise fahre ich mit meiner Bloggerkollegin Janett in den Pott, in diesem Jahr begleitet mich mein Mann. Normalerweise regnet es, in diesem Jahr scheint die Sonne aus allen Knopflöchern. Normalerweise entscheide ich mich für eine Stadt, in der ich die Spielorte besuche, in diesem Jahr geht es für mich quer durch den Pott. Das ist einem ganz besonderen Programmpunkt geschuldet: Wir dürfen an einer der letzten Grubenfahrten in das Bergwerk Prosper-Haniel teilnehmen. Auch das letzte noch aktive Steinkohlen-Bergwerk im Ruhrpott wird Ende 2018 geschlossen und somit heißt es dann “Schicht im (deutschen) Schacht”. Dem Abschied von der Kohle widmet sich auch die diesjährige Extraschicht, u.a. mit den Grubenfahrten. Startpunkt ist das Kreativ.Quartier Lohberg in Dinslaken, das recht weit ab vom Schuss liegt und es normalerweise wohl nicht auf meine Spielortwunschliste geschafft hätte.

Vom Kreativ.Quartier Lohberg nach Bottrop, unter Tage und zurück

Als wir im Kreativ.Quartier ankommen, hat die Extraschicht noch nicht begonnen und entsprechend leer ist es auf dem alten Zechengelände. Wir geben an der Akkreditierungsstelle unsere unterschriebenen Anmeldescheine ab und erhalten im Gegenzug ein rotes Bändchen fürs Handgelenk. Die restliche Zeit bis zur Abfahrt unseres Shuttlebusses zum Bergwerk nutzen wir für einen kleinen Spaziergang übers Gelände, einen Plausch mit anderen Reisebloggern und Fotos.

Kurz vor unserer Abfahrt nach Bottrop nutzen wir noch schnell das gastronomische Angebot, um meinen Zuckerspiegel wieder nach oben zu fahren und  machen uns dann auf zum Shuttlebus, der uns zum Bergwerk Prosper-Haniel bringt. Direkt am Eingang werden wir von einer kleinen Gruppe Bergmänner in Empfang genommen und zur Kaue geführt. Dort erhalten wir alle einen Helm und eine Schutzbrille. Was nicht passt – so wie bei mir – wird passend gemacht, wobei die Kumpel hilfsbereit zur Seite stehen. Nachdem auch ich meinen Helm so eng wie möglich gestellt und dafür gesorgt habe, dass er mir nicht vom Kopf purzeln kann, lassen wir uns ablichten und werden zum nächsten Zwischenhalt gelotst. Rucksäcke, Taschen, Handys, Uhren, Ringe – alles verschwindet in den Schließfächern. Aufgrund der Explosionsgefahr dürfen insbesondere batteriebetriebene Geräte auf keinen Fall mit einfahren.

Und dann gehts rein in den Förderkorb und ab in die Tiefe. Während wir nach unten rauschen und es um uns dunkel wird, erfahren wir, dass sich der Förderkorb mit ca. 36 km/h bewegt. Kommt mir viel schneller vor. Knapp 1.200 Meter tiefer halten wir an und verlassen den Korb. Da ich vom Harz komme und mein Opa Bergmann war, habe ich schon so einige Bergwerke besucht. Allerdings waren das stillgelegte Erzbergwerke, die alle aus engen, spärlich beleuchteten Gängen mit feuchten Wänden und unebenen Böden bestehen. Nichts von dem trifft auf das zu, was sich jetzt vor mir erstreckt. Wir befinden uns in einem großen, hell-erleuchteten Versorgungstunnel, der sogar einen gepflasterten Boden hat. Und sofort fällt ein weiterer Unterschied auf: Während es im Berg das ganze Jahr über um die 12 Grad kalt ist, herrschen hier unter der Erde eher hohe Temperaturen.

Unsere Gruppe marschiert den Versorgungstunnel bis zu seinem Ende entlang, passiert an der Decke hängende Dieselkatzen, mit denen die Teilnehmer größerer Touren transportiert werden, und Förderbänder, auf denen die Kumpel transportiert werden. Die uns begleitenden Bergmänner werden mit unterschiedlichsten Fragen bombadiert, die sie bereitwillig und mit Humor beantworten. Am Ende des Versorgungstunnels geht es rechts und links weiter nach unten. Hier werden die Gänge schon kleiner und irgendwie auch interessanter. Als wir umkehren, bin ich schon ein bisschen enttäuscht. Ich wäre gerne “in den Dreck” und zur Action gegangen. Aber dafür ist heute einfach keine Zeit und alle offiziellen Führungen der RAG sind auch schon restlos ausgebucht. Interessant und vor allem einmalig war es aber trotzdem.

Wieder in Dinslaken erkämpfen wir uns am mehr als gut besuchten Bierwagen ein kühles Getränk, treffen uns mit anderen Bloggern und bekommen den Tipp, eine Straße weiter auf dem Moschee-Fest für wenig Geld eine türkische Pizza zu essen, was wir auch tun, bevor wir in den Extraschicht-Shuttle nach Duisburg steigen.

Der fliegende Holländer im ehemaligen Schwimmbecken

Am Museum der Deutschen Binnenschifffahrt steigen wir aus dem Bus und folgen den anderen Extraschichtbesuchern zum Museumseingang. Schon im Foyer hören wir die dramatische Musik, die aus dem links von uns liegenden Raum ertönt. Wir suchen uns einen freien Platz zwischen den Zuschauern, die sich um die Mitte des gekachelten Raumes drängen. Alle Blicke sind auf das alte Segelschiff “Goede Verwachting” gerichtet, das sich zur Musik aus dem fliegenden Holländer durch das Meer zu kämpfen scheint. Die Dramatik der Musik wird dabei von viel Nebel und einer Licht-Installation unterstützt.

Nach der Vorstellung werfen wir noch einen Blick in die anderen Museumsräume und stehen plötzlich auf dem Boden des ehemaligen Schwimmbeckens und somit unter dem Segelschiff. Das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt ist nämlich in einer ehemaligen Badeanstalt im Jugendstil untergebracht.

Die Zeche Zollverein – Auch bei Dunkelheit einfach schön

Als letztes besuchen wir heute die Zeche Zollverein. Den Bergmännischen Zapfenstreich haben wir leider verpasst, aber viel zu entdecken gibt es auch zu fortgeschrittener Stunde noch. Wir amüsieren uns darüber, wie viel Spaß die Besucher dabei haben, ein paar Clowns beim Ballspielen zu beobachten, legen die Köpfe in den Nacken, um den angestrahlten Förderturm zu bestaunen und lauschen den merkwürdigen Klängen der Klangmaschinen-, Licht- und Feuershow.

Wir folgen der bunten Beleuchtung quer über das Zechengelände bis zur Kokerei. Als ich das Rattern über mir wahrnehme, erinnere ich mich, dass ich Fotos von einer Bahn gesehen habe, die Teil eines Museums auf Zollverein ist. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen und stehen eine Minute später in der entsprechenden Schlange. Lange warten müssen wir nicht, schon der übernächste Wagen der original erhaltenen Standseilbahn bringt uns auf die oberste Etage des gegenüberliegenden Gebäudes. Bevor es durch die Mischanlage der Kokerei Zollverein wieder nach unten geht, genießen wir erst einmal den Ausblick von der Dachterrasse auf das beleuchtete Zechengelände, den Mond und den Mars.

Die Ausstellung scheint sehr interessant zu sein und ist auch optisch ansprechend, doch mittlerweile ist es schon spät und ich bin nicht mehr wirklich aufnahmefähig. Daher nehmen wir uns vor, die Ausstellung noch einmal mit mehr Motivation zu besuchen und schlendern zurück zur Straßenbahnhaltestelle. Wir haben Glück und können sofort zum Hauptbahnhof Essen fahren, von wo aus wir dann den 30minütigen Fußweg zum Hotel antreten, da um diese Uhrzeit keine Bahnen mehr Richtung Messe fahren. Total erschlagen falle ich in unser Bett im Atlantic Congress Hotel und schlafe wie ein Stein.

Die nächste Extraschicht findet am 29. Juni 2019 statt.

Vielen Dank an den Ruhr Tourismus und das Atlantic Congress Hotel Essen für die Einladung. Meine Meinung ist wie immer meine eigene und nicht durch die Einladung beeinflusst worden.

 

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8 Kommentare

  1. Hallo Jessica, es ist immer interessant einen Blogbeitrag zu lesen, wenn jemand ihn schreibt, der das Ruhrgebiet von außen betrachtet. Ich wohne zwar auch am Niederrhein (also außerhalb), bin aber zumindest gebürtiger Ruhri ;-). Übrigens die Ausstellung in Essen (Zeitalter der Kohle) lohnt sich auf jeden Fall, scroll mal in meinem Blog etwas zurück. Wenn du nochmal in Essen bist, investiere ruhig die 10,- € Eintritt dafür.

    Lieben Gruß
    Michael

    • Jessi sagt

      Hallo Michael,

      wenn es zeitlich passt werden wir sehr gerne die Ausstellung noch einmal in Ruhe besuchen.

      Viele Grüße
      Jessi

  2. Das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg habe ich auch schon ewig nicht mehr besucht, das könnte ich wohl nochmal in Angriff nehmen… Danke für Deine Eindrücke von Grubenfahrt und Extraschicht, das war eine erlebnisreiche Nacht!

    • Jessi sagt

      Ja, das war wirklich erlebnisreich und ich fahre immer wieder gerne hin – zur Extraschicht und in den Pott generell.

  3. Irgendwie hab ich dich vermisst! Aber mit meinem Schatz war es auch recht spannend. Hatten auch erst überlegt, ins Binnenschifffahrtsmuseum zu gehen – ich war vor ein paar Jahren schon einmal dort und habe dort auch das eine oder andere entdeckt. Die Bootstour hierher ist echt nett! Und schön dich – wenn auch nur kurz – getroffen zu haben!

    • Jessi sagt

      Ich habe mich auch gefreut, dich zu treffen. Nächstes Mal hoffentlich dann wieder länger!

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