“Ist das schön hier!” tönt es begeistert neben mir und ich kann nur zustimmen. Während meine Freundin und ich die Schönheit des Hohen Venn genießen, treten unsere Jungs ordentlich in die Pedale. Bisher sind wir niemandem begegnet, der Radweg, den wir hier und da kreuzen, ist leer. Auch ein Blick zurück verrät mir, dass wir einen riesigen Vorsprung zu unseren “Verfolgern” haben müssen. Natur, so weit das Auge reicht. Nur das Rattern der Räder auf den Schienen stört ein wenig die Idylle. Ich schließe die Knöpfe meiner Strickjacke – es ist noch recht frisch und die Jungs sorgen für mächtig viel Fahrtwind. Kalt ist den beiden vor uns ganz sicher nicht, schließlich geht es fast die ganze Zeit leicht bergauf und schon nach einer halben Stunde erreichen wir unser Ziel. Bevor wir Mädels die Draisine wieder zum Ausgangspunkt zurück fahren werden, gönnen wir uns im Garten eines ehemaligen Bahnhofs der Vennbahn erst einmal ein leckeres Picknick.
Draisine: Durch Menschenkraft angetriebenes, drei- oder vierrädriges Schienenfahrzeug. Früher wurden sie zum Transport oder als Hilfs- und Inspektionsfahrzeug eingesetzt. Heute dienen sie auf stillgelegten Eisenbahnstrecken dem Freizeitvergnügen von Jung und Alt.
Nach unserem Picknick ist es dann soweit: Wir Mädels bringen die Sättel in eine für uns angenehme Höhe, während die Jungs es sich hinten gemütlich machen. Und dann strampeln wir los. Zum Glück geht es erst einmal bergab, so dass unser Gefährt mächtig Schwung bekommt und wir gar nicht treten müssen. Wir sind so schnell unterwegs, dass die Pedalen einfach durchdrehen. Das ändert sich aber bald und plötzlich wird das Ganze doch anstrengend. Wie haben es die Jungs bloß geschafft, die Draisine trotz kontinuierlicher Steigung so schnell ans Ziel zu bringen? Ganz einfach: Regelmäßiger Sport bringt kräftige Muskeln.
Im Gegensatz zum Hinweg sind uns zwei Draisinen dicht auf den Rädern. Der Mindestabstand, der eingehalten werden soll, scheint die beiden Familien nicht groß zu interessieren. Am liebsten würden sie uns lahme Enten sicher überholen, doch hierzu besteht auf der gesamten Strecke keine Möglichkeit. Egal, einfach nach vorne schauen und weiter treten. Dabei aber bloß nicht vergessen, ein Auge auf den Radweg zu werfen. Der wird nämlich mittlerweile auch genutzt und die Radler haben bei Kreuzungen Vorfahrt.
Nach der Hälfte der Strecke würde ich schon gerne wieder nach hinten wechseln, doch ich gebe nicht auf. Mit vereinten Kräften schaffen wir es, die Draisine zum Ausgangspunkt zu bringen. Die nächste Gruppe wartet schon gespannt auf die Schienenfahrzeuge, die nach und nach am ehemaligen Bahnhof eintrudeln. Langsam rutsche ich vom Sattel, meine Beine fühlen sich ein wenig wackelig an. Wenig Sport bringt halt keine kräftigen Muskeln. Spaß gemacht hat es trotzdem; so eine Draisine ist eine tolle Art, die Landschaft zu genießen und sich gleichzeitig körperlich zu betätigen. Probiert es doch auch mal aus!
https://www.youtube.com/watch?v=ju8HIEctXiA
Infos:
- Es gibt in Deutschland mehrere stillgelegte Eisenbahnstrecken, auf denen ihr Draisine fahren könnt. Von Aachen aus bietet sich eine Fahrt über die Grenze ins Hohe Venn an.
- Die Strecke zwischen den Bahnhöfen Kalterherberg (Leykaul) und Sourbrodt beträgt ca. 7 km. Auf dem Hinweg geht es leicht bergauf.
- Für die Strecke wird insgesamt eine Zeit von 2 Stunden kalkuliert. Am Bahnhof Sourbrodt wird ca. 20 Minuten Pause gemacht.
- Auf der Draisine ist Platz für vier Personen und ein paar Rucksäcke (z.B. für Picknick). Zwei Personen treten vorne kräftig in die Pedale, die anderen beiden machen es sich hinten gemütlich.
- Auch Kinder können sich hier sportlich betätigen, wenn sie bereits an die Pedale kommen. Für Kleinkinder können Kindersitze montiert werden. Auch Rollstühle können mitfahren, dann wird einfach die Rückbank demontiert.
- In Kalterherberg gibt es auch ein Waffelhaus. Außerdem können Tandems gemietet werden. Mehr Infos gibt’s hier.