Was haben wir für ein Glück: Den ganzen Vormittag sind wir bei bedecktem Himmel durch Lennep spaziert und erst jetzt während unseres Café-Besuchs fängt es an, wie aus Eimern zu schütten. Meine drei Begleiter stimmen mir mit einem Blick nach draußen auf den Marktplatz nickend zu. Dann wenden wir uns alle wieder der Bergischen Kaffeetafel zu, die vor uns aufgebaut wurde. Ich habe zwar einen riesigen Hunger, doch beim Anblick der vielen süßen und herzhaften Köstlichkeiten bezweifel ich, dass wir das alles aufessen werden. Nachdem ich hier und da probiert habe, wird es Zeit für eine Pause, die ich für meinen heutigen Kaffeeklatsch mit Claudia Holtschneider, Franz Werner von Wismar und Sylke Lukas nutze.
Fernweh und so: Vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, mir ein paar Fragen zur Bergischen Kaffeetafel zu beantworten. Doch zunächst wäre es schön, wenn Sie sich meinen Lesern kurz vorstellen könnten.
Claudia Holtschneider: Mein Name ist Claudia Holtschneider, ich habe Archäologie und Geschichte studiert und komme aus Remscheid. Hier in der Region bin ich für alles zuständig, was mit Geschichte zu tun hat. Ich versuche, die unterschiedlichsten Akteure zusammenzubringen und so den Tourismus anzukurbeln.
Franz Werner von Wismar: Ich bin Franz Werner von Wismar und habe das Werksmuseum in Dahlerau aufgebaut – ein Museum in einer laufenden Tuchfabrik. Nach dem Konkurs der Fabrik bin ich dann mit dem Museum nach Lennep umgezogen. Ich kümmere mich hier im Ort um die Belange der Museen.
Sylke Lukas: Mein Name ist Sylke Lukas. Ich arbeite bei den Bergischen Drei und kümmere mich um die Vermarktung der Region. Mein Gebiet ist also die Tourismusförderung rund um Solingen, Remscheid und Wuppertal.
Fernweh und so: Wo genau befinden wir uns gerade? Können Sie etwas über dieses Café erzählen?
Claudia Holtschneider: Seit ca. 1800 war das hier immer ein Hotel. Da die letzten Besitzer zu alt geworden sind, um den König von Preußen weiter zu betreiben, haben sie die Räumlichkeiten an das Tortenattelier vermietet. Hier gibt es sehr guten selbstgebackenen Kuchen…
Fernweh und so: Wir testen heute nicht den Kuchen sondern haben die Bergische Kaffeetafel bestellt. Was gehört denn dabei alles traditionell auf den Tisch?
Claudia Holtschneider: Fangen wir mal mit dem süßen Teil an. Da wären Waffeln mit Kirschen und Sahne, Milchreis mit Zucker und Zimt, Zwieback mit Kokos oder Haselnüssen, Burger Brezeln, Rosinenstuten, Sandkuchen, Quark, Marmeladen und Apfelkraut. Daran schließt sich dann der herzhafte Teil an: Schwarzbrot, Käse, Wurst, Kottenbutter – eine weiche Mettwurst. Da sitzt man dann schon mal zwei bis drei Stunden zusammen und isst. Am Schluss gibt es meist einen Beerenschnaps.
Fernweh und so: Können Sie mir etwas zur Geschichte der Bergischen Kaffeetafel erzählen?
Claudia Holtschneider: Aus dem Bergischen wurde schon früh Handel nach Südamerika betrieben und dabei ist auch der Kaffee entdeckt und hierher gebracht worden. Die reichen Handelsfamilien präsentierten den Kaffee gerne bei einer umfangreichen Tafel. Und so hat man schon damals so einiges aufgetischt.
Fernweh und so: Wird die Bergische Kaffeetafel auch heute noch von den Familien gepflegt oder ist es eher zu einem Event für Touristen geworden?
Claudia Holtschneider: Es kommt auch heute durchaus vor, dass die Kaffeetafel auf Geburtstagen zelebriert wird.
Franz Werner von Wismar: In jeder alteingesessenen Familie werden Sie sicherlich eine Dröppelminna finden.
Fernweh und so: Wo außer hier im Tortenattelier sollte man einmal an der Bergischen Kaffeetafel sitzen?
Sylke Lukas: Auf jeden Fall auf Schloss Burg. Dort gibt es auf Bestellung auch eine Dröppelminna.
Claudia Holtschneider: In Solingen wird sie auch im Stadtteil Gräfrath angeboten. In Remscheid gibt es sie nur in Lennep.
Fernweh und so: Verraten Sie am Schluss noch Ihre drei Highlights im Bergischen?
Claudia Holtschneider: Für mich ist das absolute Highlight dieser Region die Verknüpfung von Technikgeschichte bzw. Industriekultur und Natur. Toll finde ich auch die vielen kleinen und oft ehrenamtlich geführten Museen. Und natürlich der Müngstener Brückenpark.
Franz Werner von Wismar: Für mich sind die Talsperren etwas Besonderes. Hier kann man Segeln, Schwimmen, Tauchen… Natürlich liegen mir auch die Museen sehr am Herzen. Und hervorheben möchte ich noch die ehemalige Eisenbahntrasse, die vom Ruhrpott bis nach Köln führt und heute ein Fahrradweg ist.
Sylke Lukas: Ich finde die Draisinenfahrt besonders toll. Man fährt durch die Natur, ist aktiv und hat Spaß, egal in welchem Alter. Außerdem ist natürlich die Schwebebahn in Wuppertal etwas ganz Besonderes. Im Großen und Ganzen mag ich einfach das Ambiente der Region.
Fernweh und so: Vielen Dank für das Bergische Interview.
Vielen Dank an Die Bergischen Drei für die Einladung nach Lennep. Meine Meinung ist wie immer meine eigene.