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#4Städtein6Tagen: Ein Tag in Lettlands Hauptstadt Riga und Überfahrt nach Stockholm

Der Blick aus dem Fenster unseres Hotels erfreut mich leider nicht besonders, denn die Lettische Akademie der Wissenschaften, von deren Aussichtsplattform aus wir heute einen Blick auf Riga werfen wollen, liegt in nebligem Dunst. Ich vertraue aber einfach mal auf den Wetterbericht, der Sonnenschein und blauen Himmel verspricht. Also packen wir – wie so häufig auf dieser Reise – unseren Koffer und fahren erst einmal nach unten, um uns beim Frühstück für den Tag in Lettlands Hauptstadt zu stärken. Das morgendliche Buffet im Tallink Hotel Riga ist umfangreich und wir schlemmen uns durch süße Teilchen, frisches Obst und Herzhaftes. Jetzt aber fix auschecken und raus auf die Straße, schließlich haben wir nur den heutigen Tag, um die Stadt zu erkunden.

Noch ist es recht frisch und ich bin froh, dass ich meine dickere Jacke dabei habe. Auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle decken wir uns in einem Zeitschriftenkiosk mit Wasser ein und kaufen dort auch gleich zwei Fahrkarten für die Tram. Direkt gegenüber steigen wir an der Haltestelle Merkela iela in die Tram Nummer 11. Leider ist es keine von den alten Straßenbahnen, die neben den modernen Fahrzeugen durch Rigas Straßen rumpeln. Es dauert nicht lange und die Tram spuckt uns an der Haltestelle Ausekla iela wieder aus. Jetzt müssen wir nur noch einmal die Straße überqueren und steuern direkt auf das Fährterminal zu, wo wir für unsere Überfahrt nach Stockholm  einchecken und unseren Koffer einschließen. Schon jetzt steigt die Vorfreude auf die Fahrt mit der Tallink Romantika, doch zunächst wollen wir erst einmal Riga erkunden.

Ein gemütlicher Spaziergang von ca. 20 Minuten führt uns ins Zentrum von Riga, doch wir laufen noch ein Stückchen weiter Richtung Süden. Unser Ziel, die Lettische Akademie der Wissenschaften liegt direkt hinter dem Bahnhof und sticht aufgrund seiner Höhe und Architektur aus den anderen Gebäuden deutlich heraus. Für fünf Euro pro Person erhalten wir an der Kasse unsere Tickets für die Aussichtsplattform im 16. Stock. Bis zum 14. Stock bringt uns der Aufzug, die beiden letzten Stockwerke legen wir zu Fuß zurück. Auf der Plattform ist nicht viel los und der 360° Blick auf die Stadt ist traumhaft, denn mittlerweile hat sich die Sonne durchgesetzt und statt in den Dunst schaue ich in einen strahlend blauen Himmel. Wir umrunden das Bauwerk, genießen die Aussicht und setzen uns ein Weilchen in die wärmende Sonne. Von hier oben können wir auch schon einmal einen Blick auf den Zentralmarkt von Riga werfen, den wir als nächstes besuchen wollen.

Die fünf Hallen des größten Lebensmittelmarktes Lettlands liegen nur 500 Meter von der Akademie der Wissenschaften entfernt. Zwischen den Marktständen auf dem Außengelände wuseln bereits Einheimische und Touristen umher. Das frische Obst und Gemüse sieht verlockend aus und ich entdecke die größten Karotten, die ich je gesehen habe. Wo heute Fisch, Fleisch, Käse und weitere Lebensmittel verkauft werden, wurden im ersten Weltkrieg Luftschiffe gebaut; die fünf Markthallen sind aus zwei Luftschiffhallen der kaiserlichen deutschen Armee entstanden. Wir bleiben an einem Stand hängen, an dem die unterschiedlichsten Teilchen angeboten werden, entscheiden uns für drei Stück, zahlen insgesamt 60 Cent und verputzen das süße Gebäck draußen im Sonnenschein, während ein frecher Spatz bettelnd um uns herumhüpft.

Wir lassen das Marktgelände hinter uns und schlendern durch die Kopfsteinpflasterstraßen der Altstadt. Vor der St. Petri-Kirche treffen wir auf alte Bekannte: Esel, Hund, Katze und Hahn. Im Gegensatz zu ihren Bremer Kollegen schaut dieser tierische Turm durch den Spalt des Eisernen Vorhangs und zieht erstaunte Grimassen. Es handelt sich um ein Geschenk der Partnerstadt Bremen aus dem Jahre 1990.

Das Schwarzhäupterhaus wird derzeit leider saniert und anhand der Fotoplane rund um das alte Gebäude können wir nur erahnen, wie schön es sein muss. Die Altstadt von Riga ist allgemein sehr schön, die vielen alten Häuser sind gut erhalten und im Gegensatz zu anderen europäischen Hauptstädten werden Rigas Straßen nicht von Touristenmassen überrannt – noch nicht. Auch die Drei Brüder – Rigas ältesten Häuser – können wir uns ganz in Ruhe ansehen, ohne einer Kamera im Wege zu stehen.

Die futuristisch anmutende Nationalbibliothek am gegenüberliegenden Düna-Ufer ist wegen einer Konferenz leider geschlossen. Also spazieren wir über die Steinbrücke Akmens tilts wieder zurück in die Altstadt, wo wir auf dem Domvorplatz noch eine Kleinigkeit essen, bevor wir uns zu Fuß Richtung Fährterminal aufmachen.

Im Gegensatz zu heute Vormittag ist das Fährterminal mittlerweile ganz gut besucht. Wir befreien unseren Koffer aus dem Schließfach, fahren mit der Rolltreppe nach oben und treten nach dem Scan unserer Bordkarte durch das Drehkreuz. Mit jedem Schritt, den ich auf der Gangway Richtung Schiff mache, steigt meine Vorfreude. Ich habe bisher nur zwei Nächte auf einer solchen Fähre verbracht und das ist lange her. Umso mehr freue ich mich, diese Überfahrt gemeinsam mit meinem Mann erleben zu dürfen. Wir sind früh dran und das Schiff ist noch recht leer. So können wir uns ganz in Ruhe orientieren und mit dem Lift auf unser Deck fahren. Da unsere Bordkarte auch gleichzeitig unser Kabinenschlüssel ist, finden wir dort auch die Nummer unserer Kabine. Die A-Kabine der Romantika besteht aus zwei Betten, von denen eines nach oben geklappt werden kann, einer Nasszelle und – das wichtigste – einem Fenster nach draußen aufs Meer. Nachdem wir uns auf diesem engen Raum so gut es geht eingerichtet haben, hält uns hier erst einmal nichts mehr. Wir wollen das Schiff erkunden.

Deck für Deck laufen wir durch das 2002 gebaute Schiff und prägen uns ein, wo sich die Restaurants, das Theater und die Rezeption befinden. Wir werden später im Buffetrestaurant essen, doch bis dahin ist noch viel Zeit und ich bin froh, dass unser Tisch nicht schon für 17:30 Uhr reserviert ist, denn so können wir das Ablegen auf dem Sonnendeck erleben. Genau dorthin zieht es uns auch als nächstes. Wir beziehen am Heck der Romantika Stellung, lassen den Blick über Riga schweifen und beobachten, wie sich das Schiff so langsam mit Passagieren füllt. Pünktlich um 17:30 Uhr heißt es Leinen los! und das Schiff schiebt sich langsam vom Anleger weg. Gemächlich schippern wir auf der Düna Richtung Ostsee und als wir die offene See erreichen geht gerade die Sonne über dem Wasser unter – fast schon ein wenig kitschig.

Um 20:30 Uhr betreten wir das Buffetrestaurant, wo wir freundlich begrüßt und zu unserem Tisch geleitet werden. Die meisten Passagiere scheinen bereits um 17:30 Uhr oder in einem der anderen Restaurants gegessen zu haben, denn viele Tische bleiben unbesetzt. Das Buffet ist abwechslungsreich: Viel Fisch, Salate, Fleisch, Gemüse, Teigwaren und Nachtisch. Die Getränke – Softdrinks, Bier, Wein, Kaffee und Tee – zapft man sich selbst. Über den Tee bin ich dankbar, denn wie ich noch öfter auf dieser Reise feststellen werde, scheinen es die Balten in ihren Räumlichkeiten gerne kühl zu haben. Trotzdem genießen wir das leckere Essen und den guten und schnellen Service. Kaum haben wir einen leeren Teller beiseite gestellt, wird er auch schon abgeholt.

Nach dem Essen wechseln wir in den hinteren Teil des Schiffes und gönnen uns im Starlight Palace noch ein Bierchen. Die Partyband spielt leider nur noch ein paar Lieder und wird dann von einem Crewmitglied verabschiedet, das anschließend die Tombola durchführt. Alle Preise stammen aus dem Bordshop und besonders begehrt scheinen die riesigen Alkoholflaschen zu sein, die die Gewinner strahlend in ihre Kabinen schleppen. Wir schauen uns nach der Tombola noch die Tanzvorführung an, die mir sehr gut gefällt, und verkrümeln uns dann in unsere Kabine. Gerne hätte ich aufgrund der kühlen Räumlichkeiten eine heiße Dusche genommen, doch die Dusche spuckt abwechselnd kaltes und warmes Wasser aus.

Während mein Mann noch eine Runde durchs Schiff dreht, lösche ich das Licht und werfe einen letzten Blick auf die durch das Schiff leicht beleuchtete See und die vielen Spatzen, die uns begleiten und immer wieder neben unserem Fenster auftauchen. Dann verkrieche ich mich unter meiner Decke und schlafe sofort ein.

Obwohl unser Wecker recht früh klingelt, bin ich schnell wach. Die See ist während der gesamten Überfahrt sehr ruhig und unter der Bettdecke war es muckelig warm; entsprechend gut habe ich geschlafen. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass wir uns bereits im schwedischen Schärengarten befinden. Also fix raus aus dem Bett und ab nach vorne ins Restaurant, wo wir uns bei einem umfangreichen Frühstücksbuffet für den Tag in Stockholm stärken, während die vielen kleinen Schäreninseln an uns vorbei ziehen.

Nach dem Frühstück verbringen wir die restliche Fahrt wieder auf dem Sonnendeck, lassen uns den Wind um die Nase wehen, beobachten andere Schiffe, die unseren Weg kreuzen und bewundern die wunderschöne Landschaft des Schärengartens. Wir kommen auch an Grinda vorbei, wo wir vor fast genau drei Jahren einen ganz besonderen Tag verbracht haben. Stockholm kommt langsam näher und während sich das Sonnendeck leert, beobachten wir das Anlegen des Schiffes von hier oben. Erst als die ersten Autos aus dem Bauch der Romantika aufs Festland fahren, holen wir unseren Koffer aus der Kabine und verlassen das Schiff.

Infos zur Reise

  • Nach Riga sind wir von Düsseldorf über Helsinki mit Finnair geflogen
  • Die Buslinie 222 verbindet den Flughafen Riga mit dem Stadtzentrum; eine Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kostet 1,15€ (Ticketkauf im Kiosk) oder 2,00€ (Ticketkauf beim Fahrer)
  • Geschlafen haben wir im Tallink Hotel Riga, das recht zentral in der Nähe des Hauptbahnhofs liegt
  • Gegessen haben wir in der Bar Austra, die abseits der Touristenpfade liegt und in der scheinbar insbesondere Studierende einkehren; die Karte ist klein, das Essen lecker und die Bedienung sehr freundlich
  • An den Fährterminals in Stockholm und Riga können Koffer in Schließfächern untergebracht werden; in Riga benötigt man ein 2€-Stück; in Stockholm kostet die Einlagerung für einen ganzen Tag 70 Kronen (kleines Fach) bzw. 90 Kronen (großes Fach), die mit Karte gezahlt werden

Vielen Dank an Tallink Silja Line für die Einladung zu dieser Reise. Meine hier geschilderte Meinung ist wie immer meine eigene und durch die Einladung nicht beeinflusst worden.

 

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6 Kommentare

  1. Hui. Hätte ich das gewusst, dass es dort im Wissenschaftsmonsterbau eine Aussichtsplattform gibt… Verdammt! Bin auch schräg gegenüber gestanden (schöne Kirche ist da übrigens)..

    Bin auf deine nächsten Berichte gespannt (todoist muss ich gleich mal füttern, du scheinst noch gar nicht in meinem Feedreader zu sein, Schande über mich) habe 2015 ja eine ähnliche Tour gemacht, nur von Stockholm aus startend und war begeistert von den Hauptstädten der Ostsee. Nur St. Petersburg fehlt mir leider :/

    • Jessi sagt

      Deshalb recherchiere ich vor jeder Reise im Netz, was man denn so am Zielort machen könnte. ;-)

    • Jessi sagt

      Vielen Dank, liebe Yvi! Ja, das Baltikum ist super schön und ich hoffe, dass ich nochmal hinfahren werde.

  2. Was ein schöner Artikel. Jetzt freue ich mich noch mehr auf die Stadt Riga.
    Und das mit dem Schiff ist auch eine tolle Sache. Wir kommen allerdings mit dem Flugzeug.
    Vielen Dank für die Vorfreude und viele Grüße
    Heike

    • Jessi sagt

      Es freut mich sehr, dass dir mein Artikel gefällt und dich inspiriert! Ganz viel Spaß in Riga! :-)

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