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Warum ich in Italien das erste Mal ein Bordell besuchte

Das ist ja raffiniert: Um der Straße weiter folgen zu können, müssen alle das Bordell der Stadt durchqueren. Also gesellen wir uns zu der Schulklasse, die im Entenmarsch durch das Erdgeschoss stolpert. Die Erläuterungen ihres Lehrers kommentieren sie mit schüchternem Kichern, einige flüstern miteinander. Dann sind wir an der Reihe. Entschlossen trete ich über die steinerne Schwelle des Etablissement. Statt rotem Plüsch und gedämpfter Musik begegne ich kalten Steinblöcken, die in Nischen stehen. Außer dem Raunen der Schüler vor uns ist nichts zu hören. Kein Wunder, schließlich hat der Ascheregen des Vesuv im Jahre 79 n. Chr. auch hier alles unter sich begraben und dem ausgelassenen Treiben der Pompejianer ein Ende gesetzt.

Hausherrin (1 von 1)

Als wir am Bahnhof Villa dei Misteri den Zug der Circumvesuviana verlassen, beginnt es bereits zu regnen. Also werden wir auf unserem Rundgang durch Pompeji anfänglich von einem Meer aus Schirmen und bunten Regencapes begleitet. Dank des schlechten Wetters ist es aber insgesamt nicht zu voll und auf dem riesigen Gelände verteilen sich die Besucher ganz gut. Schon bald lässt sogar der Regen nach und wir können unsere Schirme für den Rest des Tages schließen. So macht der Streifzug durch die antiken Straßen gleich doppelt so viel Spaß.

Nasse Straße (1 von 1)

PompeiViva (1 von 1)

Wandmalerei (1 von 1)

Mit meiner Kamera im Anschlag hüpfe ich den hohen Bordstein hinunter und wieder hinauf, balanciere über die Steine, dank denen die Bewohner von Pompeji trockenen Fußes die Straßen überqueren konnten, und stecke meine Nase immer wieder neugierig in den Taschenguide. Seit so vielen Jahren schlummerte in mir der Wunsch, einmal selbst durch die Ruinenstadt zu spazieren, deren grausames Schicksal eine solch große Faszination auf mich ausübt. Und jetzt stehe ich tatsächlich vor den teilweise sehr gut erhaltenen Häusern der Antike, während der Unglücksbringer Vesuv friedlich über allem thront.

Tongefäße (1 von 1)

Garten mit Ruinen (1 von 1)

Werkstatt (1 von 1)

Einige Bauten sind abgesperrt, hier haben die Archäologen noch lange Zeit alle Hände voll zu tun. In anderen bestaune ich Wandmalereien, die aussehen, als seien sie erst gestern von einem Künstler geschaffen worden. Eines der vielen Fußbodenmosaike erkenne ich sofort wieder: Die “Warnung vor dem Hunde” habe ich schon häufiger in Büchern gesehen. Jetzt stehe ich leider nur vor einer Kopie, da das Original zurzeit restauriert wird. Trotzdem ist es einfach toll, dies alles einmal mit eigenen Augen zu sehen.

Cave Canem (1 von 1)

Weinanbau (1 von 1)

Die Natur als Zurückeroberer (1 von 1)

Ebenfalls oft in Büchern gesehen habe ich die Gipsfiguren der Pompejianer: Da das organische Material der unter dem vulkanischen Auswurf begrabenen Menschen zersetzt wurde, entstanden viele Hohlräume, die man mit Gips ausgoss. So entstanden die Gipsfiguren von Pompeji. Mir läuft ein kleiner Schauer über den Rücken, als ich plötzlich vor ihnen stehe. Immerhin werden sie in den Positionen präsentiert, in denen sie während des Vulkanausbruches gestorben sind.

Über antike Wege wandeln (1 von 1)

in Pompeis Straßen (1 von 1)

Marktplatz (1 von 1)

Manch einer wird denken “Das sind doch nur ein paar antike Steine…”. Ja, letztendlich ist es so. Allerdings sehr gut erhaltene antike Steine, die teilweise noch intakte Gebäude bilden. Fügt man ein wenig Phantasie hinzu, bekommt man einen richtig guten Eindruck davon, wie es gewesen sein muss, in Pompeji zu leben. Besonders überrascht hat mich dabei die Größe der Stadt. Ich kann einen Besuch des Geländes auf jeden Fall empfehlen.

Blick über die Stadt (1 von 1)

Tipps:

  • Rucksäcke und große Taschen dürfen nicht mit auf das Gelände genommen werden, ihr könnt sie in einem dafür vorgesehenen Raum abgeben. Allerdings sind uns im Mai auch viele Besucher mit Rucksäcken begegnet…
  • Das Gelände ist riesig, nehmt euch am besten einen ganzen Tag Zeit.
  • Gerade im Sommer solltet ihr euch genügend Flüssigkeit mitnehmen, Schatten gibt es nur in den Gebäuden mit intaktem Dach. Es gibt aber auch ein Restaurant im Zentrum des Geländes.
  • Sowohl einen Lageplan als auch einen Taschenguide erhaltet ihr kostenlos am Eingang.
  • Weitere Infos findet ihr hier.

Wart ihr schon mal in Pompeji oder einer anderen faszinierenden Ausgrabungsstätte? Welche sollte ich unbedingt besuchen?

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6 Kommentare

  1. Das ist so das einzige was ich mir noch gerne in Italien anschauen würde. Kommt man dort eigentlich nur mit Bussen und Autos hin? Gibts in der Nähe ein Hotel – wo habt ihr übernachtet? Ich glaub ich muss mich gleich mal ein wenig mehr mit der geschichte beschäftigen… Du hast mich neugierig gemacht!

    • Jessi sagt

      Wir sind mit dem Zug von Neapel hingefahren. Infos dazu findest du im Post. Neapel hat mir aber so gar nicht gefallen, evtl. gibts dazu auch noch nen Beitrag. Man kann auch von Sorrent mit dem Zug nach Pompeji.

      Liebe Grüße
      Jessi

  2. Irgendwann als Teenager hatte ich das Buch “Die letzten Tage von Pompeji” von Edward Bulwer-Lytton gelesen. Deshalb war völlig klar, sollte ich je in die Nähe kommen werde ich die antike Stadt besuchen. Passenderweise verbrachten mein Mann und ich unseren ersten gemeinsamen Urlaub (vor ungefähr 30 Jahren…) in der Nähe… und wir haben natürlich Pompeji besucht.

    Es war ungeheuer beeindruckend, die Stadt ist viel größer, als man sich vorstellt und sie ist tatsächlich “mitten aus dem Leben” gerissen worden. Da werden die alten Römer auf einmal ganz bildhaft “lebendig”.

    Wir denken immer mal wieder daran, klar weil es eine beeindruckende antike Stätte ist, sicher weil es unsere erste gemeinsame Reise war und ganz sicher auch, weil der Besuch von Pompeji mit dem Rollstuhl eine echte Herausforderung war. Barrierefrei gebaut haben die damals nämlich noch nicht ;-) Das sind die Erlebnisse und Eindrücke auf Reisen, von denen man ein Leben lang immer mal wieder berichtet!

    • Jessi sagt

      Ich habe die Stadt auch als riesig empfunden, hatte ich nicht erwartet.
      Dass Pompeji mit Rollstuhl eine Herausforderung ist, kann ich mir gut vorstellen! Respekt!

      Mich hatte vor vielen Jahren das Buch “Im Schattend es Vesuv” von Eilis Dillon neugierig gemacht.

      Sonnige Grüße
      Jessi

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