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Und plötzlich bringt mich Capri zum (Nachdenken über das) Wandern

Unser Ausflug nach Anacapri – Ober-Capri – beginnt mit dem Einreihen in die Schlange an der Bushaltestelle. Da eine Fahrt von Marina Grande nach Anacapri ohne Umstieg allerdings nur halbstündlich möglich ist, beschließen wir, mit der Funicolare nach Capri-Stadt zu fahren und dort in einen der Busse zu steigen. Oben angekommen müssen wir uns zwar wieder in eine Schlange einreihen und das Umsteigen führt dazu, dass wir zwei Tickets pro Person kaufen müssen, aber zwischen den beiden Orten fahren die Busse viel häufiger und es dauert nicht lang, bis wir dicht gedrängt in einem der kleinen, orangenen Busse stehen.

Zwischenstopp (1 von 1)

Nach circa 15 Minuten spuckt uns der Bus an der Piazza Vittoria in Anacapri wieder aus. Nach dieser typisch italienischen Fahrt über die engen Serpentinen ist mir durchaus klar, warum in der Hauptsaison nur Einheimische die Insel mit eigenem Auto befahren dürfen. Die Aussicht auf die felsige Küste und das türkisblaue Meer konnten wir aber trotz rasanter Fahrt genießen. Und das wollen wir jetzt noch toppen. Nur wenige Schritte von der Bushaltestelle entfernt finden wir den Sessellift, der die Besucher auf die höchste Erhebung der Insel bringt – den 589 Meter hohen Monte Solaro.

Sesselliftstation (1 von 1)

Sowohl der Anblick der Einzelsitze als auch der Preistafel überzeugen mich schnell davon, nicht auf den Berg zu fahren. Ich bin erleichtert, dass auch mein Freund nicht unbedingt in den Sessellift steigen möchte (obwohl ihn die Einzelsitze ganz und gar nicht abschrecken). Hoch möchten wir natürlich trotzdem, denn Ausblicke sind immer toll. Was ist also die Alternative? Laufen! Dank meines Reiseführers finden wir auch schnell zur Via Monte Solaro, über die wir in einer Stunde ebenfalls unser Ziel erreichen sollen.

Der geteerte Weg geht schon bald in Schotter über und auch die Bäume werden dichter, so dass wir wenigstens nicht den ganzen Weg über der brennenden Mittagssonne ausgesetzt sind. Während wir langsam den Berg erklimmen, raschelt es rechts und links des Weges immer wieder. Die Verursacher sind schnell gefunden: Es sind Eidechsen, die wir bei ihrem Sonnenbad stören. Einige sind dann aber doch relaxter als ihre Kollegen und lassen sich bereitwillig ablichten.

Eidechse 1 (1 von 1)

Eidechse2 (1 von 1)

Als wir wieder ein gutes Stück ohne Schatten bewältigen müssen, steht wie gerufen eine Bank vor mir, die wir sehr gerne für eine kurze Pause in Beschlag nehmen. Gierig setze ich die Wasserflasche an. Hoffentlich reicht der Inhalt bis zum Ziel. Dann richte ich meinen Blick auf das vor mir liegende Meer. Was für ein Ausblick! Da ist es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, dass wir erst die Hälfte des Weges hinter uns haben und das stetige Bergauf bei der Hitze richtig anstrengend ist. Im Gegenteil, ich genieße diesen Ausflug voll und ganz. Während gerade alle anderen ein paar Meter neben uns im Sessellift vorbei schweben, begegnen wir auf unserem restlichen Weg kaum jemandem und können ganz für uns sein. Vielleicht ist Wandern ja doch nicht so schlimm…

Marina Grande von oben (1 von 1)

Blick ins Meer (1 von 1)

Als wir unsere Pause beenden bilde ich mir plötzlich ein, es rieche nach Ziege. Ich will den Gedanken gerade beiseite schieben, da taucht plötzlich tatsächlich eine Ziegenfamilie vor uns auf. Erst kreuzen Mutter und Kind unseren Weg, dann springt schließlich auch der zottelige Bock hinterher. Mit Leichtigkeit erklimmen sie den felsigen Hang und verschwinden hinter der nächsten Biegung. “Ha, auch die hätten wir nicht gesehen, wenn wir mit dem Sessellift gefahren wären!” stelle ich zufriden fest und bin nun endgültig davon überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Ziegenfamilie (1 von 1)

Das letzte Stück hat es noch mal in sich. Es geht über unzählige Treppenstufen ohne Schatten steil hinauf. Endlich nehme ich die letzte Stufe und bin oben. Bevor wir das Plateau erkunden und die Aussicht genießen, müssen wir erst einmal verschnaufen und leeren unsere Wasserflasche. Zum Glück gibt es hier oben ein kleines Café, in dem wir unseren Wasservorrat wieder auffüllen können. Ein schattiges Plätzchen und Eis gibt es ebenfalls.

geschafft2 (1 von 1)

Hier oben sind wir natürlich nicht mehr allein; immer mehr Besucher strömen aus dem Sesselliftbereich auf die Aussichtsterrasse. Unter ihnen ist auch eine Gruppe von Asiaten, die alle brav eine Schlange bilden und sich an einer besonders schönen Stelle einer nach dem anderen von ihrer Reiseleitung fotografieren lassen. Ein wenig amüsiert schaue ich mir das Spektakel eine Weile an und lasse meine Augen dann wieder in die Ferne schweifen. Der Aufstieg hat sich definitiv gelohnt.

Faraglioni2 (1 von 1)

Blick auf Marina Grande (1 von 1)

Blick nach Capri Stadt (1 von 1)

Als wir wieder in den Gassen von Anacapri ankommen, sind wir so voller Tatendrang, dass wir den Rückweg nach Marina Grande zu Fuß antreten wollen. Das ist über die 800 Stufen der Phönizischen Treppe möglich, die lange Zeit die einzige Verbindung zwischen Anacapri und dem Hafen war. Enttäuscht müssen wir feststellen, dass die Treppe zurzeit aufgrund von Ausbesserungsarbeiten gesperrt ist. Also quetschen wir uns wieder in einen der kleinen Busse und rasen die Serpentinen Richtung Hafen hinunter. Diesmal erwischen wir eine Direktverbindung und können bis vor unser B&B fahren.

Street Art (1 von 1)

Kennt ihr das auch? Da gibt es diese eine Sache, von der ihr immer geglaubt habt, dass ihr sie nicht mögt, und plötzlich stellt ihr fest, das könnte doch noch was werden?

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5 Kommentare

  1. Ich musste an der Stelle mit den Ziegen schmunzeln: Mit denen habe ich zwar keine nähere Erfahrung, allerdings mit Schafen. Und die sind auch nicht so “wohlriechend” : ) Tolle Aussicht übrigens. Da hat sich die Anstrengung gelohnt! Sonnige Grüße, Jutta

    • Jessi sagt

      Ja, es hat sich definitiv gelohnt! Und überraschenderweise hat es ja sogar Spaß gemacht. :-)
      Sonnige Grüße, Jessi

  2. Schöner Artikel mit tollen Bildern!

    Mir ging und geht es beim Wandern immer noch so wie dir. Ich verfluche die steilen Anstiege oder nicht enden wollende Treppen – aber es lohnt sich immer wieder! Und dann macht es irgendwann doch einfach nur Spaß :-)

  3. Und das Gute ist: je öfters man wandert, umso weniger anstrengend wird es. Den Trainingseffekt habe ich diese Jahr schon deutlich gemerkt – irgendwann steckt man die Steigungen wesentlich lockerer weg ;-)

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